Auschwitz-Überlebende und Frankfurts Ehrenbürgerin tot

Sie überlebte das Vernichtungslager Auschwitz, wurde erste Ehrenbürgerin der Stadt Frankfurt, kämpfte gegen das Vergessen: Nun ist Trude Simonsohn im Alter von 100 Jahren gestorben.

Die Frankfurter Ehrenbürgerin und Holocaust-Überlebende Trude Simonsohn ist am Donnerstag im Alter von 100 Jahren gestorben. Das teilte die Jüdische Gemeinde Frankfurt mit. Salomon Korn, der Vorstandsvorsitzende der Gemeinde, bezeichnete sie als “bemerkenswerte, herausragende Frau”.

“Wir sind voller Trauer über diesen großen Verlust”, wird er in einer Mitteilung der Jüdischen Gemeinde zitiert. Simonsohn habe sich als Shoa-Überlebende für ein respektvolles Miteinander eingesetzt: “Durch ihr unermüdliches Engagement, insbesondere jungen Menschen in Schulen vom Erlebten zu berichten, wirkte sie für eine friedlichere Gesellschaft. (…) Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sehr wir Trude vermissen werden.”

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte, Simonsohn werde “schmerzlich fehlen”. Sie habe den nachfolgenden Generationen durch beeindruckende Zeitzeugenarbeit “die Annäherung an das Unfassbare ermöglicht” und bei jungen Menschen für Wachsamkeit und Verantwortungsbewusstsein geworben.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) würdigte Simonsohn als bedeutende Hessin, die sich um Erinnerungskultur und Wiederaufbau von jüdischem Leben verdient gemacht habe. “Trude Simonsohn hat die dunkelsten Stunden deutscher Geschichte miterlebt”, sagte Bouffier. “Angesichts dieser Erlebnisse hätte man es ihr nicht verdenken können, dass sie Deutschland den Rücken kehrt. Doch Trude Simonsohn tat das Gegenteil.” 

Frankfurter Holocaust-Überlebende: Engagiert bis ins hohe Alter

Die 1921 in der damaligen Tschechoslowakei – in Olmütz im heutigen Tschechien – geborene Simonsohn hatte sich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten engagiert und die Konzentrationslager Theresienstadt und Auschwitz überlebt. Seit 1955 lebte sie in Frankfurt, wo sie sich beim Wiederaufbau der Jüdischen Gemeinde engagierte und als erste Frau den Vorsitz der Gemeinde übernahm.

Als Zeitzeugin ging Simonsohn seit Jahrzehnten an Schulen, um Jugendlichen über ihr Leben zu berichten. Erst mit weit über 90 Jahren musste sie ihr Engagement wegen ihres verschlechterten Gesundheitszustands einstellen. Im Jahr 2016 war sie als erste Frau zur Ehrenbürgerin Frankfurts ernannt worden.

“Trude Simonsohn wird bitterlich fehlen”

“Wir verabschieden uns in großer Dankbarkeit”, schrieb die Bildungsstätte Anne Frank. Ihr Direktor, der Historiker und Pädagoge Meron Mendel, twitterte: “Ich habe noch nie so einen starken und lebensfröhlichen Menschen gekannt.”

“Gerade in Zeiten antisemitischer Verschwörungstheorien und neuem rechtsextremem Hass wird uns Trude Simonsohn bitterlich fehlen”, sagte Christoph Heubner, Vize-Exekutivpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees. 

Auch Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann äußerte Dankbarkeit: “Dass sie unserem Land, unserer Stadt nach allem, was wir ihr und ihrer Familie angetan haben, eine zweite Chance gab, ist für mich bis heute ein unbegreifliches Geschenk. Verdient hatten wir es nicht. Aber wir haben es gebraucht. Trude Simonsohn stand nicht nur für das, was war, sondern vor allem für das, was sein kann. Eine Zukunft ohne Hass, eine offene Gesellschaft, eine Kultur des Respekts.”

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