Wie gut ist Deutschland auf einen Krieg vorbereitet?

Bislang beschränkt sich der russische Angriff auf die Ukraine, aber Kremlchef Putin droht auch anderen Ländern. Welche Folgen hätte eine Eskalation des Konflikts für Deutschland? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wladimir Putin klang deutlich. Sehr deutlich. In seiner Ansprache zum Angriff auf die Ukraine warnte er andere Länder, dass jeder Versuch einer Einmischung zu “Konsequenzen führen würde, die Sie noch nie gesehen haben”. Es klang wie eine indirekte Drohung mit Atomwaffen. 

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Die kaum verklausulierte Botschaft lautet: Haltet euch da raus, das ist unser Krieg. 

Doch wie weit wird Putin gehen? Weitet sich der Krieg aus? Und was heißt das für Deutschland? Antworten auf die wichtigsten Fragen. 

1. Was bedeutet der Krieg für Deutschland?

Zunächst, dass in Europa wieder eine militärische Auseinandersetzung stattfindet, nur rund 1.200 Kilometer von Berlin entfernt. Die Ukraine ist jedoch kein Nato-Mitglied, deshalb hat sie keinen Anspruch auf militärischen Beistand von Deutschland und anderen Nato-Staaten.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Donnerstagmorgen: “Deutschland verurteilt diesen rücksichtslosen Akt von Präsident Putin aufs Schärfste.” Man werde sich heute im Rahmen der G7-Staaten, der Nato und der EU “eng absprechen”. In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Scholz die “volle Solidarität Deutschlands zu dieser schweren Stunde” zugesichert, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. 

Einerseits will Deutschland nicht in eine militärische Auseinandersetzung hineingezogen werden, andererseits will es die Ukraine nicht im Stich lassen. Zusätzlich zum Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2 könnte es deshalb deutlich weitergehende Sanktionen gegen Russland geben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) erklärte, der Angriff werde “schwere politische und wirtschaftliche Konsequenzen haben”. 

2. Wird es einen Dritten Weltkrieg geben?

Davon ist derzeit nicht auszugehen. Solange Putin kein Nato-Mitglied attackiert, bleibt es ein regionaler Konflikt. Die Frage ist allerdings, wie rational der russische Präsident agiert. Sollte er seinen Blick auch auf das Baltikum richten, könnte es im schlimmsten Fall einen Flächenbrand geben. 

Ob dann ein Dritter Weltkrieg droht, ist allerdings eine andere Frage. Vor einer solchen Eskalation sind die USA und die Sowjetunion selbst zu den schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges zurückgeschreckt. Und allzu viele Verbündete hätte Russland im Fall eines Angriffs auf ein Nato-Land wohl auch nicht. Dass sich China, das noch immer stark von Exporten in den Westen abhängt, auf die Seite Moskaus schlagen würde, ist zweifelhaft.

3. Könnte Deutschland die Wehrpflicht wieder einführen?

In Deutschland ist die Wehrpflicht seit Jahren ausgesetzt, der Bundestag könnte sie aber wieder einführen. Allerdings sind die Hürden dafür hoch.

Im Grundgesetz ist der sogenannte “Verteidigungsfall” aufgeführt, der eine mögliche Voraussetzung für die Wiedereinführung wäre. Auch die Vorstufe einer möglichen “Spannung” könnte den Weg bereits ebnen. Doch beide Fälle sind seit dem Zweiten Weltkrieg nicht eingetreten. Da derzeit weder Deutschland noch einer seiner Bündnispartner bedroht wird, ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht derzeit unwahrscheinlich. 

4. Wie gut ist Deutschland auf einen Krieg vorbereitet?

An der Bundeswehr wurde über Jahrzehnte gespart – auch weil nach der Wiedervereinigung der Glaube an einen dauerhaften Frieden in Europa groß war. Ausgerechnet Russland führte jedoch einen Kurswechsel herbei. Seit der Krim-Annexion 2014 stieg der deutsche Verteidigungsetat deutlich an. Trotzdem sind Teile der Bundeswehr nicht einsatzbereit, die Modernisierung wird noch lange dauern. 

5. Könnte die Bundeswehr Wehrpflichtige einberufen? 

Davon ist im Moment nicht auszugehen. Die Hürden dafür sind zwar niedriger als bei der Einführung einer Wehrpflicht, jedoch müsste ein Verteidigungs- oder Spannungsfall vorliegen. Nur dann wäre es möglich, den wehrpflichtigen Teil der Bevölkerung einzuberufen. Da Deutschland und die wichtigsten Bündnispartner jedoch zunächst nicht angegriffen werden, ist das derzeit ein eher unwahrscheinliches Szenario.

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